Beeindruckender Abend im Kino: Geflüchtete erzählen und beantworten Fragen im Filmgespräch
Etwa 80 BesucherInnen kamen in die Casino Lichtspiele in Eschenau, um den preisgekrönten Film „don’t stop motion“ zu sehen und mit der Filmcrew ins Gespräch zu kommen.
Co-Regisseur Niels Bauder hat es das Eschenauer Kino besonders angetan, weil die Atmosphäre so besonders und auch die Stimmung der Besucher so offen und einladend sei. Vor der Vorführung lockern die AkteurInnen das schwierige Thema des Abends etwas auf: Im Film schildern die ProtagonistInnen sehr persönliche Momente und fordern im Vorfeld das Publikum dazu auf, zuvor auch mit ihnen ein paar persönliche Dinge zu teilen: „Jetzt stehen alle auf, die gerade glücklich verliebt sind.“, „Wer einen Film gemacht hat.“ „Wer war früher der Klassenkasper in der Schule?“ aber auch: „Wer von Euch hat schon Diskriminierung erfahren?“
Danach folgten im Film sehr bewegende Szenen, in denen Zahra, Ahmad und Muntazar, aus Afghanistan und aus dem Irak, schildern, warum und wie sie ihre Heimat verlassen haben: mit der Familie, oder allein, mit Hilfe von Schleusern und Passfälschern, zu Fuß über die Berge und in einen LKW gequetscht, in einem Boot über das Mittelmeer. Jede Geschichte anders, aber ihnen eins ist die unerträgliche und lebensbedrohliche Situation in der Heimat und die immer wiederkehrenden Momente existentieller Angst, die Unsicherheit, wie es weitergehen soll und wo man vielleicht so etwas eine neue Heimat finden kann. Auch ob Deutschland das irgendwann werden kann. Im Filmgespräch nach der Vorführung kam die Frage aus dem Publikum: „Wo könntet Ihr eine Heimat finden und wie könnte sie aussehen?“ Die Antworten der jugendlichen FilmemacherInnen sind sehr individuell: „Da, wo meine Mutter ist.“ „Da, wo ich in Freiheit leben kann.“ „Da, wo ich mich zu Hause fühle und man meinen Namen richtig ausspricht.“
Der Film ist eine Mischung aus klassischer Dokumentation mit Interviews, dem Zeigen der Produktion und der Filmherstellung im Team sowie der „Stop-Motion-Technik“, in der mit selbstgebastelten Puppen und Bühnenbilder und Requisiten aus Pappe eingesetzt werden, um das Erzählte zu veranschaulichen. Die interkulturelle Filmcrew, die an allen Teilen der Filmproduktion beteiligt war, besteht aus den drei AkteurInnen und fünf weiteren Jugendlichen unter der medienpädagogischen Leitung der RegisseurInnen Niels Bauder und Franziska Bausch-Moser. Die Eckentaler Flüchtlingsinitiative FLEck e.V. lud die fünf ein, ihr Werk in Eschenau zu präsentieren in Kooperation mit dem Projekt des Landkreises „Demokratie und Vielfalt“. Besonders Christian Schmidt vom Arbeitskreis FORUM hat in der Vorbereitung alles koordiniert – ein besonderer Dank dafür!
Den FilmemacherInnen ist es wichtig, über ihre Gefühle zu sprechen – auch wenn es schwer fällt – und so gegen Vorurteile anzugehen. Sie hoffen durch diesen Film und das Gespräch darüber, „den Geflüchteten“ als der medial vermittelten unbekannten, diffusen Masse Gesichter und Geschichten zu geben, die Verständnis und Respekt erzeugen. Sie wollen sich nicht damit abfinden, aufgrund ihrer Hautfarbe in Schubladen gesteckt zu werden, wollen als Menschen auf Augenhöhe von den Deutschen wahrgenommen und angesprochen werden. Noch immer kommt es vor, dass Muntazars Mutter auf der Straße angespuckt wird. Er setzt sich ehrenamtlich und aktiv dafür ein, dass das aufhört.
Heute leben die drei Jugendlichen in Erfurt: Zahra besucht die 11. Klasse, will Abitur machen und hat dafür zäh gekämpft und nicht aufgegeben, als es darum ging, eine Schule zu finden, die sie trotz später Bewerbung aufnahm. Muntazar macht eine Ausbildung als Erzieher und ist ehrenamtlich und im Sportverein aktiv. Und Ahmad bereitet sich auf seine Ausbildung in der Altenpflege vor, macht nebenher her noch Musik und ist gerade auf der Suche nach Gesangsunterricht – seine schöne Stimme war mit eigener Komposition im Film hören.
Franziska Bausch-Moser betonte abschließend, wie wichtig es ist, die anonyme „Flüchtlingswelle“ wieder zu vermenschlichen, damit Gesellschaft und Politik umdenken. Das Publikum spendete viel Applaus für den Mut der jungen Menschen und teilt mit der Filmcrew die Hoffnung, dass der Film etwas bewegen kann.