„Schöne Momente der Musik“ versprachen der ukrainische Pianist Alexey Petik und Cellistin Anna Skladannaya als musikalischen Dank an die Eckentaler:innen für die freundliche Aufnahme in Deutschland. Und sie hielten ihr Versprechen: Über 180 Musikbegeisterte folgten der Einladung in die Aula des Eckentaler Gymnasium und waren berührt und begeistert von stimmungsvoll und virtuos vorgetragenen klassischen Stücken. Viele davon waren dem Publikum bekannt, werden geschätzt und immer gerne gehört – besonders wenn sie so gefühlvoll und gekonnt interpretiert präsentiert werden wie an diesem Abend.
Der Dank der ukrainischen Musiker:in galt vor allem den vielen helfenden Händen, die mit großen und kleinen Beiträgen die Geflüchteten unterstützten und es immer noch tun: mit Geldspenden, mit Sachspenden und mit praktischer Begleitung im Alltag zu Ärzt:innen und Behörden, beim Deutsch lernen, in der Schule und wo immer noch Hilfe gebraucht wird. Über 100 Ukrainer:innen, darunter in erster Linie Frauen mit Kindern, fanden seit letztem Jahr in privaten Unterkünften in Eckental eine erste Zuflucht.
Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Viele Hilfsaktionen vor Ort
Sie trafen hier auf viel spontane Solidarität und die Spendenbereitschaft in der Eckentaler Bevölkerung war wieder einmal bemerkenswert groß und kreativ: vom Blümchen nähen bis zum Benefizlauf in gelb-blau, von privaten Initiativen beim Straßenfest oder im Kollegium bis hin zu größeren Firmen- und Vereinsspenden, beispielsweise beim Golfturnier, war alles vertreten. Mit den großzügigen Geld- und Sachspenden konnte die Flüchtlingsinitiative FLEck e.V., deren zweite Vorsitzende Renate Hofmann mehr oder weniger rund um die Uhr die vielen Hilfsmaßnahmen koordinierte und dies immer noch tut, vieles in Gang bringen: den Grundbedarf an Wäsche, Nahrung und Kleidung, viele hatten kaum etwas aus der Heimat mitnehmen können, oder die Ausstattung der Wohnungen mit Betten, Wäsche, Möbeln, Geschirr. Zuerst in den privaten Unterkünften, in der Folge dann in angemieteten, eigenen Wohnungen.
Mehr als 80 Fahrräder konnte die Fahrradwerkstatt nach Überholung oder Reparatur an Ukrainer:innen ausgeben. Es folgte die Erstausstattung der Schulkinder, die Einrichtung mehrerer Deutschkurse online und vor Ort mit ehrenamtlichen Lehrerinnen und über die VHS, die bis heute laufen.
Daneben war es uns auch wichtig, Netzwerke zu schaffen und Informationen weiterzuleiten. Im Gegensatz zu der Unterbringung 2015 wurde in Eckental niemand in offiziellen Unterkünften für Geflüchtete untergebracht, sondern sie kamen auf privaten Wegen hierher. Das heißt, FLEck e.V. musste zunächst herausfinden, wer bei wem untergebracht war und was gebraucht wurde. Wir etablierten regelmäßige Informations- und Austauschtreffen im evangelischen Gemeindehaus in Forth sowie E-Mail-Verteiler und Chat-Gruppen für Geflüchtete, aber auch für Gastgeber:innen, wobei eng mit ehrenamtlichen Übersetzer:innen und unter anderem mit Schulen, Krankenkassen, Vereinen u.v.m. zusammen gearbeitet wurde. Auch psychologische Betreuung tat Not und konnte in Zusammenarbeit mit der Kirche schnell organisiert werden. Ein großer Teil der Hilfsaktionen war – noch im Schatten von Corona – für uns ein erheblicher Kraftakt. Und auch wenn die deutschen zuständigen Behörden relativ gut reagierten, war und ist es dennoch nicht einfach, den Formular-Dschungel von Jobcenter, Rathaus, Sozialamt, Ausländerbehörde & Co., deren Zuständigkeiten kurzfristig wechselten, zu durchdringen. Die ukrainischen Strukturen sind unseren zwar in gewisser Weise ähnlich, aber der Teufel steckt im Detail: in fremden Buchstaben oder auch anderen Gesundheits- und Schulsystemen etc.
FLEck e.V. doppelt aktiv
Und eines darf über dem allen nicht vergessen werden: um in den überregionalen Aufnahmezentren Platz zu schaffen, wurden weitere Geflüchtete in unsere drei Unterkünfte in Eckental verlegt, wo wieder enger zusammengerückt werden musste. Dies stellte unsere Flüchtlingsarbeit vor zusätzliche Herausforderungen, denn voll besetzte Unterkünfte bringen viele individuelle Hintergründe und Problemfelder mit sich, neue Geflüchtete kamen z.B. von der Elfenbeinküste, aus Weißrussland oder aus Kuba und Afghanistan. Von denjenigen Geflüchteten, die schon länger hier leben, helfen inzwischen viele ehrenamtlich mit, um den Ukrainern das Leben zu erleichtern: vom Kuchen backen für das Begegnungscafé über Hilfen beim Übersetzen bis hin zum Transport der vielen hundert Sachspenden. Es herrschte und herrscht eine große Empathie unter allen Eckentaler:innen: Groß und Klein, Alt und Jung, Alteingesessene, Zugezogene und Neubürger. Darüber freuen wir von FLEck e.V. uns riesig!
Eckental belegt mit diesem konstruktiven Miteinander, dass wir im Gegensatz zu manch anderer Stadt oder Gemeinde mit seinem aktiven Einsatz und Integrationswillen auf dem richtigen Weg sind. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass viele der schon länger hier lebenden Geflüchteten inzwischen arbeiten oder in Ausbildung sind, sehr viele davon im Altenpflegebereich, in der ärztlichen Versorgung oder im Handwerk. Hier konnten viele Ehrenamtliche beweisen, dass viel Arbeit, Engagement und Zeit mit dem belohnt werden, was hier gebraucht wird: ein tolerantes interkulturelles Miteinander zum Wohle aller.
Sabine Mirsch